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Dienstag, 7. Juni 2011

Nairobi - Kunst und Kultur


Die Sonne geht unter über Nairobis Uptown. Bild: Daniel Koßmann


9 Tage Kenia liegen hinter mir. Warum Kenia? Einerseits wollte ich Freunde treffen und andererseits bin ich auf der Suche nach Praktikumsplätzen in der aufstrebenden kenianischen Filmindustrie gewesen.
Doch erzählen möchte ich von Kenias Hauptstadt Nairobi:

Crowded!
Mit seinen über 2,75 Millionen Einwohner war Nairobi wie ein Schock. Ein Explosion von Eindrücken und ein Aufbegehren der Sinne. Mit seinem urbanem Flair der Hochhäusern, der Downtown, der Polizeisirenen und der Anonymität der Masse versetzt es einen Jungen (Ich) vom Land (Zanzibar) in Staunen. Ähnlich muss sich ein mittelalterlicher Bauer vom Land gefühlt haben, als er sich im Schatten einer außerirdischen Kathedrale wiederfand. 
Uptown Nairobi. Bild: Sophie Tritschler

Anders als Dar Es Salaam oder auch Kigali, den Hauptstädten von Tanzania und Rwanda, weist Nairobi weitausgrößere Straßenschluchten, breite Gehwege und Einkaufsladen auf. Hier quellen die Gehwege über vor Menschen in Businessanzügen. Hier reiht sich Geschäft an Geschäft, und Auto an Auto. Hier findet man Buchläden mit kritischer Literatur (und Leute die das auch lesen). Schaut man an den Hochhäusern hinauf so schwindelt es einen, schaut man hinab, weiß man nicht auf was man seinen Blick richten soll. Zu viele Eindrücke. Auch Militär und Polizei tritt eher selten in Erscheinung.

Sieht doch aus wie ein Maiskolben, oder?
Nairobi ist anonym und englisch! Auch wenn Kiswahili mit Englisch zusammen Landessprache ist, spricht man ab der gehobenen Mittelklasse oft Englisch. Versuchte ich auf Kiswahili, dessen im Grunde alle Kenianer fähig sind, Essen zu bestellen oder eine Busfahrt zu bezahlen stieß ich auf fragende Blicke. >>Was hat der gesagt?<< Genervt musste ich in den meisten Fällen auf Englisch mein Anliegen wiederholen. Sei es weil man von mir nicht erwartet, dass ich Kiswahili spreche oder weil man mein Kiswahili nicht versteht (sehr viele Kenianer versicherten mir, dass mein Kiswahili besser als ihres sei, was natürlich nicht ganz stimmt). Und dann staunte man auch noch die ganze Zeit, wenn ich jemand begrüßte oder höflich ansprach, wie ich es auf dem hierarchischen und höflichen Zanzibar gelernt habe. Nairobi ist anonym! >>Hey, man was willst du warum sprichst du mich an!<<

Reclaim Your City!
Doch das eigentlich interessante an Nairobi: Hier tummelt sich Ostafrikas Kulturszene. Ob Theater, Kino, Bildende Kunst, Musik, Graffiti, Skateboard-Gangs  es scheint alles vertreten zu sein was das Herz begehrt. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Mit offenem Mund taumelte ich durch die Schluchten und Canyons Nairobis auf der Suche nach dem nächsten Graffiti-Tag, dem nächsten Graffiti dem nächsten Plakat für ein Konzert, eine Ausstellung oder ähnliches. Ich will nicht übertreiben natürlich ist Nairobi nicht New York, Berlin oder London, doch im Vergleich zu  Tanzania und Zanzibar ist es die Metropole schlecht hin. Und das ist dem Nairobianer auch bewusst. So hieß es in dem Theaterstück(!) „Men Are From Kenya Women Are From Pluto“ auf die Frage eines über ihre Hausaufgaben gebeugten  kleinen Mädchens an ihren Vater >>Dad, what is metropolitan?<< als Antwort >>Write: Nairobi!<<

Wenn hinter der Skyline die goldene Sonne untergeht und die Wolkenkratzer das emsige Gewusel Nairobis‘ Schützlinge  in lange Schatten taucht, dann wird es lebendig und auch gefährlich. Lebendig wenn  in der Alliance Française sich der Vorhang für Churchills (beliebter kenianischer Comedian) neues Theaterstück „Men Are From Kenya Women Are From Pluto“  hebt. Lebendig wenn im Goethe Institut zur Finissage einer Videokunstaustellung namens „Kudishnayo“ die kenianische Elektro-Funk Combo „Just A Band“ auflegt. Und lebendig wenn die vielen Bars und Clubs mit internationalen und ostafrikanischen Beats ihre Gäste in Wallungen bringen. 
Die Skyline Nairobis und Ich. Bild: Daniel Koßmann

Coca Cola's verzerrte Realität.
Beeindruckend ist des Weiteren die Bildung und die Offenheit vieler Leute, die ich getroffen habe. Ich konnte Themen anschneiden, ja diskutieren bei deren bloßen Einleitung meine sansibarischen Freunde schon hätten abschalten müssen. Austausch und Lernen auf einer Ebene. Nairobis Kultur züchtet sich selbst heran. Ich glaube, dass man Einfluss und Anreiz braucht um sich künstlerisch entwickeln zu können. Ohne Anreiz  (siehe Tanzania) keine Entwicklung. Doch in Nairobi wächst eine eigene Kulturszene heran. Die vom gegenseitigen Austausch und Ansporn zu leben scheint. So entstehen Projekte wie BLNRB – eine Musikalbum von Berlinern und nairobischen Musikern. So entstehen Co-Produktionen zwischen Kenianischen Filmemachern (GingerInk.TV) und dem deutschen berühmten Regisseur Tom Tykwer (Lola Rennt, Das Parfum, The International) die in Projekten wie „Soul Boy“  ufern. 

Und wenn dann die Sonne aufgeht und man sich noch eine Portion Chips (Pommes Frites) holt, die anders als sonst immer in Tanzania, nicht aus echten Kartoffelstücken sondern aus ekligen Pommes aus der Tüte wie im McDonalds besteht, dann kann man mit der Frühschicht nach Hause fahren und beglückt einschlafen und sich auf das nächste Kulturevent freuen. >>War morgen nicht das europäische Filmfestival in der Alliance Française?<<
Unterwegs mit Sophie aus Rwanda...
...und Daniel aus Nairobi. Einfach ne gute Zeit!
verschlafen aus dem Nachtbus (Mombasa-Nairobi) raus
und frierend auf den nächsten Bus warten. Bild: Sophie T.
Wer mehr über Nairobi wissen will schaut auf Daniels Blog . Hier gibt es auch eine Sammlung an Streetart- und Kunst-Fotos!

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