Seiten

Mittwoch, 1. Dezember 2010

40 ° C Fieber

Am Samstag den 14.November bin ich nachts aufgewacht mit schrecklichen Kopfschmerzen,Schwindel,leichter Übelkeit,Durchfall und Fieber. Am nächsten morgen habe ich dann erstmal Fieber gemessen und als die LCD Anzeige stolze 40,1 ° C anzeigte bin ich gleich in die Stadt gerast um eine Klinik aufzusuchen. 

3 Tage lang lag ich darauf dann in der Zanzibar Medical Group Clinic bis ich es nicht mehr aushielt. Zanzibar hat keine wirkliche medizinische Versorgung und meine "Ärzte" in der Klinik haben sich zwar liebevoll um mich gekümmert hatten aber nicht die Geräte, Labors und das Wissen um eine wirkliche Diagnose zu stellen. Nachdem dann nachts auch noch eine der vielen Infusionsnadeln die Lösung nicht mehr in meine Vene sondern in mein Gewebe fließen lies, so dass meine Hand 2 Stunden lang schmerzhaft anschwoll und ich meine Armbänder durchschneiden musste und meine Finger nicht mehr bewegen konnte, lies ich mich von meiner Versicherung am nächsten Morgen nach Dar es Salaam aufs tansanische Festland verlegen.

Am Donnerstag um 10:00 Uhr ließ ich mich also vom Accountant Manager der "Klinik" in einem klapprigen Auto zum sansibarischen Flughafen fahren. Dort angekommen hatte meine Versicherung bereits alles organisiert: Ein extra Mediback Flugzeug mit 2 Sanitätern landete auf dem Airport um mich abzuholen. Alles ziemlich dramatisch und ich kam mir etwas hysterisch vor, da es mir an diesem Morgen eigentlich schon wieder ganz gut ging. Auf jeden Fall stürmten die zwei Sanitäter wie unter Kreuzfeuer des Vietcong in Vietnam über das Rollfeld um mich abzuholen. Das kam mir alles sehr übertrieben vor. Aber ich muss auch zu geben, dass ich meiner Versicherung meinen Zustand als sehr schlecht beschrieben habe, damit die endlich in die Potte kommen, da sie sich zuerst ein wenig gesträubt hatten.

Wie auch immer hob mein "Privatflugzeug" mit mir, 2 tansanischen Sanis und einem weißen Piloten nach nur knappen 5 Minuten wieder ab. Lustig war, dass der neue sansibarische Präsident Dr. Shein kurz vor meinem Flugzeug auf dem Rollfeld mit seinem nagelneuen weißen Mercedez angerollt war und mit einem regulären Linienflug nach Dar Es Salaam erst nach mir abhieb. Ich kam mir sehr wichtig vor, wie ich da so mit Luftzufuhr-Schlauch in der Nase und Blutdruckmesser am Finger im Fluzeug sahs und Zanzibar unter mir kleiner wurde und sich vor mir das weite Meer mit seinen türkisenen Korallenriffen auftat. Eine wunderbare Aussicht!

20 Minuten später in Dar gelandet für auch schon der Krankenwagen auf dem Rollfeld vor um mich direkt in die IST Clinic Dar Es Salaam z bringen. Mit Blaulicht bahnte sich der Krankenwagen also seinen Weg durch den schrecklichen Verkehr Dar Es Salaams um mich in einer kleinen Klinik (eher größere Arztpraxis) aber mit europäischem Standard abzusetzten. Zwei Tage war ich dann in der IST Clinic und genoss das Gefühl in der Hand von fähigen Ärzten zu sein. Die Krankenschwestern sprachen perfektes Englisch und eine Schwester sprach sogar ganz gutes Deutsch, da sie in München mal eine Fortbildung gemacht hatte. Die Ärzte -allesamt Europäerinnen- waren nach den Ärzten in Zanzibar ein echter Aufschwung. Das mag rassistisch anmuten aber leider ist es immer noch so, dass tansanische und sansibarische Ärzte hier eine zu schlechte Ausbildung erhalten und Eurpäern um Längen hinterherhängen.

Nach 2 Tagen war ich nun endlich wieder wohl auf und ein Tag später wieder fit genug um nach Hause nach Zanzibar zurückzukehren. Meine Diagnose muss aber noch warten, da meine Blutproben noch auf dem Weg nach Holland zur Untersuchung unterwegs sind.

Samstag, 20. November 2010

50,1 Prozent !

Dieser Artikel erscheint stark verspätet unteranderem weil ich krank war/ bin. Ich bitte um Nachsicht


Neuer sansibarischer Präsident. Quelle: ccmmarekani.blogspot.com/
Rund drei Wochen nach den Wahlen scheint sich Zanzibar wieder zu normalisieren. Zwar hängen noch über nahezu allen Straßen Banner aus vergangenen Zeiten des Wahlkampfs, doch sie scheinen ein Relikt der alten Ordnung zu sein. Alte Ordnung? Das klingt och verdächtig nach Unordnung und Gewalt werden jetzt manche denken doch sie täuschen sich. Es scheint das gerade diese alte "Ordnung" dahin ist.
Das teilautonome Zanzibar, dass am 30. Oktober eine neue Regierung und einen neuen Präsidenten wählte hat nur zwei Tage auf sein langangefiebertes Wahlergebnis warten müssen. Am Dienstag den zweiten November wurde dann das Ergebnis verkündet, für viele kein unerwartetes Ergebnis für das im Wahlkampf  hartumkämpfte Zanzibar, doch für manche vielleicht auch ein lächerliches Ergebnis. Die seit der ersten demokratischen Wahl regierende Chama Cha Mapinduzi hat wieder einmal gewonnen und zwar mit knappen 50,1 Prozent aller Wählerstimmen die Civic United Front (CUF) hat als Oppositionspartei mit 49,1 ein ungleich schlechteres Ergebnis eingefahren.

Noch vor 5 Jahren bei den letzten Wahlen erkannte die CUF das Ergebnis nicht an und Zanzibar Town wurde zum Schlachtfeld zwischen CUF und regierungstreuen Gruppen. Es gab etliche Verletzte und auch Tote. Doch dieses mal scheint alles anders zu sein. Zanzibar ist friedlich, das Aufgebot an Sicherheitskräften und Militär hat sich stark reduziert im Verglecih zu den letzten Wahlen und es kam zu keinen mir bekannten Zusammenstößen und Unregelmäßigkeiten zwischen CUF, CCM und Polizei. Ein Novum in Zanzibars Geschichte! Doch wie kam es dazu?

Im Juli 2010 schritt das Volk Zanzibars bereits zu einer Wahl.  Schon immer leisten sich CUF und CCM auf Zanzibar ein Kopf um Kopf - Rennen.  Und auch dieses Mal schien is darauf hinauszulaufen. Ein paar kluge Köpfe im Parlament erkannten dieses Mal jedoch, dass es eine verfassungstechnische Möglichkeit gibt dieses Mal Konflikte klein zu halten. Also schritt Zanzibar im Juli  zur Abstimmung und entschied, dass CCM und CUF nach der Wahl -egal bei welchem Ergebnis- gemeinsam als (sehr) große Koalition zusammen reagieren sollten. Die stärkste Partei stellt den Präsident. Mit diesem, in meinem Verständnis höchst demokratischen Schritt,  zeigte sich, dass man lieber "salama" (Frieden) als den absoluten Sieg der von einem angepriesen Partei hat.

Vor diesem Hintergrund beschreitet der neue Präsident Dr. Ali Mohammed Shein (CCM) und sein (neuer) Kollege und Vizepräsident Seif Shariff Hamad (2005 hatte er noch das Wahl-Ergebnis angefochten) der CUF einen neuen Weg der sansibarischen Geschichte. Shein selber verkündete bei seiner Amtsantrittsrede, dass Zanzibar heute friedlich ist, " dieser Friede wurde uns gebracht durch die Verbrüderung zwischen unseren Parteien (CUF und CCM). Ich werde mich darum kümmern, dass dieser Geist erhalten bleibt [...] Die Herausforderungen vor uns sind enorm aber ich werde es schaffen wenn wir zusammenarbeiten und als Team arbeiten."

Shein bei seiner Amtsantrittsfeier im Amaan Stadium. Quelle:media.paran.com/


Bei der feierlichen Zeremonie im Amaan Fussball-Stadion in Zanzibar Town, jubelten sich darauf Anhänger beider großen Parteien zu während Dr. Shein die stolzen Reihen des Militärs abschritt und mit 21 Kanonen-Salutschüssen geehrt wurde. Die Innenstadt selbst wurde nach Verkündigung der Wahlergebnisse zu einem einzigen Festplatz. Überall auf den Straßen Richtung Stadt pilgerten grün-gelbe Anhänger der CCM ins Stadtzentrum um ihre Freude in den Massen auszuleben. In den Außenposten der CCM sogenannten "Tawis" (in etwa: Ast) , kleinen Parteizentren wummerten Musikboxen und ließen Menschen vor sich tanzen. Auch Anhänger der CUF waren in den Menschenmengen zu sichten wie sie zusammen mit Wählern der CCM feierten. Zanzibar in Hochstimmung.

Erblickt Zanzibar eine neue Epoche? Es scheint so! Während man auf dem tansanischen Festland prognostizierte das Zanzibar wieder in Gewalt untergehen würde, hat sich der Insel-Staat als souverän herausgestellt. Mit dem Volksentscheid zur Koalitionsbildung und dem friedlichen Ablauf der Wahl zeigt Zanzibar eine ganz neue Stärke die auch einen weiteren Schritt auf die von manchen angestrebte Unabhängigkeit vom tansanischen Festland darstellt. Auf dem Festland jedoch, hier gewann ebenfalls die CCM mit 62,8 Prozent, hat die dortige Oppositionspartei "Chadema" (Chama Cha Demokrasia na Maendeleo - Partei der Demokratie und des Fortschritts) die Wahlen aus verschiedenen Gründen als gefälscht erklärt und kämpft dagegen jetzt vor Gericht. Dies führte zu vereinzelten Zusammenstößen besonders in Mwanza am Viktoriasee wo Anhänger der Chadema und Sicherheitskräfte sich Kämpfe boten.

Fest steht, die Wahl ist  nicht nur ein Sieg der CCM (und auch der CUF) sondern ein Sieg, des sansibarischen Volkes das gezeigt hat, dass es bereit ist demokratische Wahlen anzuerkennen und den friedlichen Weg zu gehen. Hoffen wir, dass es dabei bleibt und die "riesige" Koalition, mit 99 Prozent aller Stimmen, gute Entscheidungen trifft in den nächsten 5 Jahren.

Sonntag, 31. Oktober 2010

Zanzibar wählt - Tanzania wählt

Zanzibaris stehen im Regen an um ihre Stimme abzugeben
Es ist 5:30 morgens. Mein Wecker klingelt und ich verfluche mich leise für das was ich mir heute vorgenommen habe. Es ist der 31. November 2010 - Das sansibarische und tansanische Volk wählt einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament. Für mich ist das ein Grund um 5: 30 aufzustehen und meinen Chef Saidi zur Wahl zu begleiten eine Chance die ich mir nicht entgehen lassen darf, ich meine wann hat man schon mal die Chance eine "demokratische" Wahl in Afrika miterleben zu können.

Ich stehe also auf trinke Tee und warte bis Saidi mich zu Hause abholt. Um 6:30 nur 30 Minuten nach dem ausgemachten Zeitpunkt (unglaublich pünktlich) biegt Saidis Kleinbuss um die Ecke. Wie gewohnt tummeln sich auf den Rücksitzen Saidis Kinder - zumindest zwei Ali und Hariya . Saidi und seine Frau sitzen vorne. Nach einer schnellen Begrüßung - za asubuhi ? Nzuri! - za nyumbani? Nzuri! - geht die Fahrt auch schon weiter.

Saidi ist in Stone Town gemeldet, weshalb er auch dort wählt außerdem meint er, dass es in Fuoni (wo wir wohnen) zu viele Anhänger der CCM gibt und er möchte, dass seine Stimme für die oppositionelle CUF auch gewinnt - in Shangani, einem Stadtteil von Stone Town, scheint dies eher der Fall zu sein.

Der Wahlkampf der sich nun über einen Monat hingezogen hat, hat seine Spuren hinterlassen. Auf der gesamten Strecke von Fuoni nach Stone Town hängen Plakate, sind Banner und Wimpel über die Straße gespannt und wehen Fahnen im Wind. Mal sieht man weiß, rot, blau (CUF)  mal gelb, grün(CCM). Ali und Hariya freuen sich über jedes Plakat das Dr.Shein den Präsidentschaftskandidaten der CUF abbildet. Auf die Frage für welche Partei sie denn seien, hört man ein klares "CUF" und "Seifi". Worauf Bimkubwa , Saidis Frau lachen muss. Ob sie aus Stolz lacht oder weil sie es genauso absurd findet wie ich, dass Kinder im Alter von rund 5 Jahren sich für eine politische Partei aussprechen, kann ich nicht sagen.

Auf halbem Weg fängt es an zu regnen. Die Regenzeit beginnt und schwemmt den alten Staub von der Straße und lässt die Natur aufblühen. Ob die heutige Wahl die seit 1964 zeitweise als Einheitspartei regierende Chama Cha Mapinduzi (CCM) davonschwemmen wird und eine stärkere Demokratie in Tanzania und Zanzibar erblühen lassen wird ist noch nicht klar. In Zanzibar zumindest sieht es für die Civic United Front (CUF) nicht schlecht aus bereits bei den letzten demokratischen Wahlen siegte die CCM in Zanzibar (1 Millionen Einwohner) mit nur ein paar hundert Stimmen. Es könnte eine historische Wahl werden für Tanzania und Zanzibar, auch deshalb weil es so aussieht, dass diese Wahl großteils friedlich verlaufen wird, ein Novum in der Geschichte Zanzibars, so kam es doch bei den letzten Malen zu heftigen Konflikten zwischen den Anhängern der jeweiligen Parteien.

Auf dem Weg in die Stadt ist alles friedlich und wenn man nicht genau hinsieht, dann fällt einem auch kein großer Unterschied auf. Doch an der großen Kreuzung am Busbahnhof Darajani, stehen zwei Pick Ups der Polizei daneben stehen auch rund 20 Beamte unter einem kleinen Dach unter und schützen sich vor dem Regen, der immer gnadenloser auf das alte Stone Town herabprasselt. In Shangani angekommen steigen Saidi und seine Frau Bimkubwa aus und gehen in ihr Wahllokal.Ich passe auf Ali und Hariya auf. Rund Zehn Minuten später kommt Saidi zurück und bringt seine Kinder zu deren Großmutter Biwahida.

Bleiben also nur Saidi und ich übrig. Zeit für ein paar Fragen. Und wenn hast du gewählt? Mit gespielt tiefer und donnernder Stimme verkündet er einem Gott gleicht "CUUUUF!". Wr lachen. Was denn die Farbe an seinen Fingern soll frage ich weiter. Saidi erklärt mir, dass man mit dem kleinen Finger und dem Zeigefinger, wie ein Verbrecher, auf seiner Wahlkarte Fingerabdrücke hinterlassen muss. EIn einfaches aber effektives System so kann nämlich überprüft werden, wer schon gewählt hat und wer nicht. Außerdem erklärt er mir, dass man sich registrieren lassen muss um zu wählen und dann bekommt man eine ID-Card ausgehändigt, die auf den ersten Blick aussieht wie ein (neuer) deutscher Führerschein. Auf der Karte sieht mich Saidi ernst an, er trägt eine Kofia, die traditionelle sansibarische Kopfbedeckung. Er erklärt mir, dass die Karte nur zum Wählen ist und keine normaler Ausweis ist. Ich gebe die Karte zurück und meine, dass das doch ziemlich teuer und aufwendig ist einen Ausweis nur zum Wählen zu haben, doch er meint dass dies nicht der Fall sei. Ich zucke die Achseln.

An einer anderen Ecke Stone Towns picken wir Saidis Schwester und eine ältere Dame auf. Saidi fährt sie zu einem anderen Wahllokal. Im prasselnden Regen stehen hier mehrere Menschenschlangen vor rund 5 kleinen Zelten die mit mehreren orangenen Plastikplanen die Wahlurnen und Wahlbögen sowie die Wahlhelfer vor Regen schützen sollen. Doch niemand, so scheint es, hat daran gedacht vor den Zelten im Anstellbereich für Regenschutz zu sorgen. Im donnernden Regen reihen Wahlhelfer, in neongelben Westen gehüllt, die Wähler in ordentlichen Reihen auf. Ein bisschen wie Schlachtvieh stehen diese Schlangen im Regen, doch das sind sie nicht. Tansania und Zanzibar erfreut sich einer starken Wahlbeteiligung und auch der Regen scheint niemand davon abzuhalten seine Stimme abzugeben. Nach rund 20 Minuten Wartezeit kommt seine Schwester und die alte Dame wieder. Verzweifelt versucht die alte Dame ihre Finger mit einem Stück Taschentuch von der blauen Farbe zu befreien, nach ein paar Minuten gibt sie auf und erlaubt mir ein Foto zumachen.

Nachdem wir seine Schwester und die Dame abgeliefert haben erklärt mir Saidi, dass seine Schwester CCM wählt. Ich denke darauf, dass es ja wohl nicht so schlimm werden kann mit den Konflikten zwischen CCM und CUF, wenn es Leute wie Saidi gibt die Anhänger der anderen Partei zur Wahl fahren. Das finde ich demokratisch und beieindruckt mich. Saidi sagt des Weiteren, dass jeder CCM wählen kann wer will aber er niemals!!!

Als nächstes hält Saidi wieder in Shangani und meint zu mir, dass er jetzt beten gehe und dass ich im Auto warten soll. Während Saidi um die Ecke Richtung Moschee verschwindet lässt der Regen langsam nach und immer mehr Menschen pilgern Richtung Wahllokal. Bald darauf kommen sie zurück und versuchen sich verzweifelt die Finger zu reinigen. Ein Mann sieht besonders sauer über seine blauen Hände aus und schmeißt sein Taschentuch verärgert in eine der vielen Pfützen. Neben mir parkt ein Auto der EU-Wahlkommission die als Wahlbeobachter im Land sind und deren Jeeps in den letzten Tagen immer häufiger im Stadtbild aufgetaucht sind. Bald darauf fährt auch ein sauber-blitzender weißer Jeep mit den blauen Buchstaben UN auf den Türen an mir vorbei. Die über zwei Meter lange Antenne am Kühlergrill verleiht im etwas majestätisches und protziges. Ebenfalls nicht viel später höre ich ein tiefes Brummen eines Motors. Ich drehe mich um und ein besonders großer Militärlastwagen in Olivgrün fährt auf mich zu. Auf seiner Ladefläche sitzen Soldaten mit AK-47 im Anschlag. Ihre Roten Baretts scheinen sie nicht wirklich vor Regen zu schützen. Sie schauen grießgrämig drein.

Nach einer Stunde kommt Saidi wieder vom Beten zurück und wir fahren wieder zurück nach Fuoni.Auf dem Weg frage ich ihn ob die CCM den jetzt gewinnen wird, wo er doch so lange gebetet hat. Er sagt darauf "I hope so" und ergänzt, dass jetzt nur noch Gott helfen kann. Also hoffen wir, dass diese Wahle eine demokratische und friedliche Wahl bleibt. In rund 4 Tagen wissen wir das Ergebnis. Mal sehen was herauskommt.

Mittwoch, 13. Oktober 2010

Erster Video-Clip ist im Netz

An alle die schon mal eine kleine Frucht unserer Arbeit hier auf Zanzibar probieren wollen, können sich hier einen Werbe-Trailer von mir für unserer Ukili-Museum und eine Workshop-Tour in Pete (Südliches Zanzibar) anschauen:

http://www.youtube.com/watch?v=VtDc1ZOcDaU

Dies ist außerdem das erste Video einer nun entstehenden Reihe, die über unser Projekt berichten soll und von der wir uns mehr Unterstützung und mehr Clients erhoffen. Wenn alles klappt und uns der Stress nicht über die Ohren wächst (bis zur Saison an Weihnachten ist sehr viel geplannt), dann gibt es hoffentlich circa jeden Monat oder alle zwei Monate einen kleinen Film. In dieser Hoffnung: Alles Gute aus Zanzibar.

Dienstag, 5. Oktober 2010

Dala, Ochsenkarren, Roller und Co. - Der Verkehr Zanzibars

Auf der Straße herrscht das Recht des Stärkeren, so sollte wohl die erste Regel einer tansanischen Fahrschule lauten, wenn es denn solche überhaupt in der uns bekannten Form gibt. Zwar ist mir schon ein Toyota mit einem Zanzibar Police Driving School (oder so ähnlich) Schild auf dem Dach mit atemberaubender Langsamkeit an mir vorbeigeschlichen, doch denke ich, dass dies eher eine Fahrschule für Polizisten als für Zivilisten ist. Das zweite was man sich als Autofahrer in Tanzania/Zanzibar zu Herzen nehmen sollte ist, das hier Linksverkehr herrscht. Auch wenn das nicht immer ersichtlich ist. Die dritte Grundregel des hiesigen Verkehrs ist, das viel Platz auf dem Dach oder der Ladefläche ist. Die letzte ersichtliche Grundregel scheint zu sein Hupe, Hupe, Hupe.
Eine LKW auf dem Weg zu einer Wahlveranstaltung der CUF
 
Wir sind unterwegs mit dem Auto unseres Chefs, einem klapprigen Toyota Kleinbus mit 8 Sitzen zu unserer Arbeit nach dem ländlichen Pete. Hier sei erwähnt, dass es hier ein Monopol an Toyotas zu geben scheint, besonders beliebt sind Kleinbusse, die nötig sind um die großen Familien oder etwaige Touristen Zanzibars zu transportieren. Unsere Fahrt beginnt in Fuonis Viertel Maharibiko, hier steige ich ein, und wir fahren über holprige unbefestigte Straßen Richtung Hauptstraße. Hauptstraße ist im Grunde der falsche Ausdruck, da die Hauptstraße eine Hauptstraße ist, die ihren Namen im Grunde nicht verdient, da sie nicht die Haupt-Straße ist sondern die einzige befestigte Straße.

Hier tummeln sich alle möglichen Fahrzeuge die man sich nur vorstellen kann. In Fuoni fallen sofort die (Stadt-)Dalas auf , weiße Kleinbusse mit seitlicher Schiebetür die vom „Konda“ (Englisch: conductor ) sozusagen dem Schaffner geöffnet und meist auch wieder während der Fahrt geschlossen wird. Der Konda kassiert das Fahrgeld [250 TSH (ca. 12 Cent), Schüler: 100 TSH (5 Cent)] und lockt möglichst viel Kunden in sein Dala. Hier fällt mir noch eine kleine Anekdote ein: Als wir einmal mit Saidis Auto unterwegs waren, überholte ein Dala ein stehenden Dala und parkte sich ganz dreist vor ihn um dessen Kunden abzugreifen, worauf der Konda des ersten Dalas den Konda des zweiten verprügelte [Anm.: vielleicht haben sie sich auch wegen was anderem geprügelt, das nur meine Interpretation]. Am Ende Fuonis drehen die Stadt-Dalas die zwischen Stone Towns Busbahnhof Darajani und Fuoni hin und her pendeln, und fahren wieder zurück in die Stadt. Hinter diesem Turning Point also wartet das rurale Zanzibar.

Wir fahren weiter. Doch, stehen sogleich wieder, da am Ortsende Fuonis eine ständige Polizeikontrolle ist, die einen anhält und mit der man lächend zwei (mir unverständliche) Sätze wechselt und dann weiterfahren darf. Jetzt befinden wir uns auf dem Land. Palmen und große Bäume flankieren die Straße und bieten Schatten für kleine Lehm- oder Steinhütten-Siedlungen die sich eng an die Lebensader die Straße drängen, was da hinter im Busch liegt, kann ich bis jetzt nicht sagen. Hier auf der Teerstraße die natürlich keine Markierungen oder etwas ähnliches wie man aus Europa kennt, hat rasen alle so schnell sie können was meist 80 Km/h betrifft, doch auch schon mal 120 km/h sein kann und mir schon ziemlich viel Nerven abverlangt hat.

Hier trifft man, was den Öffentlichen Verkehr angeht nur noch die Überland-Dalas [1000 TSH- 1500 TSH (50-75 Cent)], die einem immer wieder ein Staunen abverlangen. Ein Überland-Dala hat ein Art „Käfig“ auf eine normale Kleinlastwagen-Ladefläche geschraubt, und hat auf je einer Seite zwei lange kleine Holzbänke zum sitzen/hocken. Normal passen hier bei relativ wenig Gequetsche, circa 20 Leute rein, wobei mein Rekord vom letzten Wochenende 31 + 8 Kinder ist, und das für zwei Stunden Fahrt nach Kizimkazi am Südzipfel Zanzibars. Was ihr jetzt vielleicht denkt ist, dass das doch voll gefährlich ist, und genau das scheint auch die Regierung gedacht zu haben, weshalb in einem Überland-Dala eigentlich alle sitzen müssen. Erwischt die Polizei, während einer ihrer vielen Kontrollen, einen Dala in dem Leute stehen (bzw. auf dem Boden knien, stehen geht nämlich gar nicht) dann muss gezahlt werden, ob dies jedoch eine reguläre Strafe ist, oder in der Hosentasche des Polizisten gemütlich zu ihm nach Hause wandert, sei dahin gestellt. Doch noch nicht genug vom „Dala des Todes“, hinten, überm Auspuff hat der Konda ein kleines Trittbrett auf dem er während der Fahrt steht und man 30 cm unter seinen Füßen den mit 80 km/h vorbeifliegenden Straßenbelag nur noch als graue Schliere erkennen kann. Auf dem Dach eines solchen Dalas sieht es aber noch lustiger aus. Hier wird alles transportiert, was man sich vorstellen kann. Beton-Bricks, riesige Holzbündel, Makuti (Palmwedel-Zeug zum Dachdecken), 3 000 Liter Politanks (Wasserspeicher) , Matratzen, Fahrräder, Säcke mit Kokosnüssen, Säcke mit Kartoffeln, Säcke mit Reis, Säcke mit Sand, Wasserflaschen, Pflanzenöl-Kanister und im Grunde alles was man sich nur vorstellen kann. Mir ist es ein Rätsel wie dort nichts herunterfällt, vor allem, da in den aller seltensten Fällen irgendetwas nur festgebunden wird. Besonders beeindruckend finde ich immer wieder, wenn einem ein Überland Dala schräg in der Kurve mit voller Geschwindigkeit entgegenkommt und mit einem zwei Meter Stapel an Feuerholz beladen ist – ein statisches Meisterwerk so scheint es.

Wir passieren die Universität Zanzibars und auf der gegenüberliegenden Seite das Weiße Haus (den so sieht es aus, nur klein) des Vizepremiers. Hier heißt es Vorsicht, denn es könnte ein Konvoi aus dem Sicherheits-Tor preschen, der sich mit mehreren laut heulenden Polizei-Jeeps am Anfang einer Limousine mit Staatsoberhäuptern und mindestens einem Militär-LKW am Ende gnadenlos den Weg durch Zanzibars Verkehrschaos bahnt. Auf dem Militärlaster stehen grimmige Soldaten mit Tarnkleidung und lächerlich großen Brillen gegen den Fahrtwind, die aus dem Zweiten-Weltkriegs-Inventar der britischen Royal Air Force zu stammen scheinen. Mit ihnen und ihren AK-47 ist nicht zu spaßen so heißt es das sie bei nur dem geringsten Zweifel sofort anfangen zu schießen. Sobald der sansibarische Verkehr der sich sonst doch durch nichts und niemand bändigen lässt und sich sonst chaotisch durch die Straßen schiebt den Hauch einer Sirene hört machen alle ob groß oder klein so schnell wie sie können, dass sie sich wie ein Spalier am Straßenrand aufreihen um der Regierung Platz zu machen.

Ich merke schon, ich schweife aus. Wir fahren also weiter und passieren etliche Kühe und Ziegen die gemütlich im Straßengraben weiden, wir überholen alle Altersklassen die auf indischen Ein-Gang-Fahrrädern schnell hinter und werden selbst von (neuen und sauberen) Toyota- Hotel-Kleinbussen überholt die ihre Hotelgäste, so scheint es, möglichst kurz mit der afrikanischen Realität rechts und links des Straßengrabens konfrontieren wollen um sie dann am nächsten weißen Strand abzuladen.

Nach der Kreuzung in Tunguu biegen wir nach rechts und nach Süden ab. Bald darauf fahren wir in eine wunderschöne Allee mit knorrigen Mango-Bäumen, die so heißt es von einer arabischen Prinzessin gepflanzt worden sein soll, ein Baum für einen Liebhaber. Bei von mir gezählten 365 Bäumen scheint diese Dame ein ganz erfülltes Leben gehabt zu haben. Im Schatten der Mango-Bäume (bin gespannt drauf wenn die Früchte reif sind und auf die Straße klatschen =D) lauert die nächste Polizeikontrolle. Die Straße ist mit 5 verbogenen, rostigen Ölfässern denen gnädiger weise jemand einen offizielleren schwarz-weißen Anstrich verpasst hat, versperrt. Wir halten, scherzen mit den Polizisten die Saidi schon zu kennen scheinen und man räumt die mittlere Tonne aus dem Weg und lässt uns passieren. Ein Polizist mit, nahezu obligatorischem Oberlippenbärtchen winkt uns auf seinem Roller sitzend nach.

Hier sei ein weiteres beliebtes Fortbewegungsmittel erwähnt: Der Roller. Klein schnell und gefährlich passt er wie die Faust aufs Auge in den sansibarischen Straßenverkehr. Durch die engen Gassen Stone Towns flitzen jene Roller mit lautem Hupen und 30 km/h (ohne Spaß!) durch die zwei Meter breiten Gassen, vor jeder Hausecke wird laut gehupt und dann ohne Rücksicht auf Verluste um die nicht einsehbare Ecke gerast. Meine Reise auf dem Roller meines Chefs durch die Innenstadt zu einem Geschäftspartner hat meine Nerven nahezu abkratzen lassen. Außerdem sitzen die Frauen in ihren Langen Schleiern, Burkas und Röcken im Damensitz hinter ihrem Mann der sich durch den Verkehr schlängelt.

Ich schweife ab. Schon wieder! Aber nur weil Saidi das Auto neben einem wackligen Holzstand der schrumpelige Tomaten und anderes Gemüse und Früchte anbietet gestoppt hat und aus dem Fenster heraus (Saidi steigt nie aus! Was wahrscheinlich seiner enormen Leibesfülle zu zuschreiben ist) einem Verkäufer seine Einkaufsliste fürs Mittagessen in Pete diktiert. Solche Stopps passieren außer dem pro Fahrt mindestens fünf Mal.

Wieder unterwegs begegnen wir besonders viel Kraftverkehr, da irgendwo südlich so scheint es ein neues Hotel gebaut werden soll. Große, bullige Lastwagen die so groß sind, das sie ganze Schiffscontainer transportieren können flößen einem Respekt ein, besonders wenn sie, wie so oft, ihr tiefe, ohrenbetäubende Trompete posaunen lassen, die wie ein Kriegsaufruf über all die Verkehrsgeräusche hinweg donnert und gleich für einen Korridor im dichten Straßengewimmel sorgt. Doch auf dem Land, wo wir uns ja gerade befinden, brauchen die Lastwägen nicht zu hupen, da ihre stampfenden Motoren schon lange bevor sie um die Kurve brausen, von ihrem Sturmangriff warnen. Die kleinen Lastwägen, die die Größe eines Ü-Dalas haben, sind, wenn die Ladefläche nicht mit Waren voll gestopft ist meist mit Menschen vollgestopft, die entweder eine Großfamilie sind und auf dem Weg zur nächsten Familienfeier sind oder laute Anhänger einer Partei die sich auf dem Weg zur nächsten Wahlveranstaltung befinden. Meist steht eine Person auf der Ladefläche mit seinen weitgespreizten Händen auf dem Führerhäuschen und blickt nach Vorne wie ein Matrose im Ausguck der den Horizont nach Neuland absucht.

Langsam erreichen wir nach rund einer halben Stunde Pete. Hier hat niemand ein Auto, dafür aber manche einen Ochsenkarren, die aus Holz bestehen und zwei Autoreifen an ihrem Unterboden befestigt haben. Meist steht der Fahrer auf der wippenden Karosserie des Wagens und treibt seine Rind mit kleinen Rutenschlägen auf höhere Geschwindigkeiten. Wie er da so steht und im Staub der Straße voranprescht erinnert er an Ben Hur und seine Kollegen die im Staub eines Hippodroms ein Wagenrennen veranstalten, nur das hier alle Fahrzeugklassen gegeneinander antreten. Fahrrad gegen Ochsenkarren, Roller gegen Moped, Auto gegen Hotelauto, Dala gegen Überland-Dala, Kleinlaster gegen Großlaster. Und die Polizei und die Regierungseskorten, wie es sich für eine Demokratie ziemt gegen alle!

Dienstag, 14. September 2010

Sikuku - Zuckerfest auf sansibarisch


Sikuku (=der Feiertag) bzw. Idd al Fiddr, das große Zuckerfest hat heute geendet. Nachdem am Donnerstagabend der Mond über Zanzibar aufging, endete für die vielen tausend Moslems Zanzibars und Pembas der Ramadan. Hier bei gilt, dass man den Mond sehen muss bevor man das Fasten des Ramadan brechen darf. Für sansibarische Verhältnisse heißt dass, das es auch reicht wenn auf der Insel Pemba der Mond gesehen wird, dann können auch alle anderen Zanzibaris das Fasten brechen. Am Freitag dann, also dem ersten Tag nachdem man den Mond gesehen hatte, konnte man endlich auch wieder tagsüber also bei Sonnenschein essen. Für mich heißt, dass ganz konkret, dass ich am Freitag das erste gemeinsame Frühstück mit meiner Gastfamilie hatte, da ich davor immer fernab der Blicke meiner Familie allein auf meinem Zimmer gegessen habe. Zanzibar Town ist während der letzten Tag wahrhaftig wie nach einem Winterschlaf aufgeblüht. Überall sind kleine „Duka“s (Läden) mit Essen aus dem Boden gesprossen und man sieht die Stadt nun von einer ganz anderen Seite. Viele Geschäfte haben nun während der letzten Tage geschlossen gehabt (weshalb wir heute die Arbeit im Laden übernehmen durften) da alle ihre Familien aufsuchen um Sikuku zu feiern. Selbst weniger Dalas des Straßenverkehrs fahren weniger. Zusätzlich kann man den Kindern auf der Straße die mit dem Standard-Satz „Sikuku yangu iko wapi?“ (Wo ist mein Sikuku(-Geschenk)?), sich ein Geschenk zum Zuckerfest erhoffen,  kaum entfliehen. Wir haben hier jedoch eine ganz eindrucksvolle Variante entwickelt um bei den Kleinen für große tiefschwarze Augen zu sorgen: Kommen auf uns Kinder zu sagen wir einfach schnell bevor etwas von deren Seite kommt: „Sikuku yangu iko wapi?“
In Stone Town trifft sich während dem Idd, so scheint es, ganz Zanzibar. Auf dem Forodhani Market, einem am Wasser gelegenem Park, schlagen abends etliche Stände ihre Tische auf um mit frischgepresstem Zuckerrohrsaft (unglaublich lecker) über Zanzibar Pizza und Chapati bis zu sämtlichen Grill-Spießen/-fleisch/-fisch für eine typische Weihnachtsmarktstimmung sorgen nur eben sommerlicher. Hier trifft sich Jedermann, Familien schlagen im Getümmel am Boden ihre Bastmatten (ursprünglich hießen die mal „mkeka“) auf und essen Vorort als sei dies ihr Esszimmer. Wer seinen Blick der Mole zuwendet kann Jugendlichen dabei zu sehen wie sie umringt von einer Menschenmenge ins Hafenwasser springen und dabei Tricks machen, die uns nicht so vom Hocker gehauen haben, aber bei den Einheimischen für Beeindruckung sorgen.
Ebenfalls interresant am Zuckerfest ist, dass es je nachdem ob man den Mond sieht oder nicht sich der offizielle Feiertag nach hinten verschieben kann, was zum Beispiel in Dar es Salaam für einigen Tumult am Fährhafen gesorgt hat. Da, wie es uns erzählt wurde, am Freitagmorgen, nachdem man am Donnerstag den Mond gesehen hatte und der Freitag offiziell zum Feiertag wurde (in Tansania gelten alle christlichen und muslimischen Feiertage) am Ticketverkauf der Fähre nach Zanzibar ein dermaßen großer Ansturm war, da alle schleunigst zu ihren Familien nach Zanzibar wollten, dass man für ein Fährticket einen weitaus teureren Preis zahlen musste.
Ein weiterer Brauch am Sikuku ist es, das sich die kleinen Mädchen besonders herausputzen und einen scheinbaren Wettbewerb darin veranstalten, wer das kitschigere Prinzessinnen-Kleid trägt. Es ist nämlich so, dass sich die Mädchen in knallige neonfarbige Kleider schmeißen die umso schöner sind je mehr Tüff-Ärmel, Glitzersteine und Knallfarben sie haben. Auch sonst wird sich besonders auf Seite der Frau herausgeputzt, man schminkt sich in übermäßig bunten Farben und zeigt ungewöhnlich viel Haut. Besonders stark ist uns dieser Kontrast aufgefallen, als wir im Rahmen des Sikuku in einer Disko waren und uns, die wir uns bereits an verschleierte Frauen und Burkas gewöhnt haben, beim Anblick der großzügigen Ausschnitte und Miniröcke nahezu die Augen herauszufallen drohten. Es bleibt uns jedoch ein Rätsel ob jene „minirocktragenden“ Mädchen dieselben wie jene „vollburkinierten“ sind.

Mittwoch, 8. September 2010

Zanzibar - erste Eindrücke

Irgendwo auf der Straße zwischen Zanzibar Town und Matemwe
Seit gut einer Woche lebe ich nun in Zanzibar. Hier ein Anriss der gegenwärtigen gesellschaftlichen und politischen Lage.
Zanzibar, ein teilautonomer Staat im Staat Tansanias, mit seinen gut eine Millionen Einwohnern und zwei Haupt-Inseln (Unguja, umgs.: Sansibar; Pemba) ist im Aufbruch oder in Feierstimmung oder wie man es auch immer ausdrücken möchte, so scheint es uns zumindest, kennen wir doch Sansibar nur so wie es jetzt ist und zwar erst eine Woche.

Hier in Zanzibar das zu 92 % muslimisch ist hat heute die letzte Woche des Ramadan begonnen. Der einmonatige Ramadan gipfelt also am Ende dieser Woche, je nach Sichtbarkeit des Neumond, in einem gigantischen Fest, dem Zuckerfest, bei dem man sich mehrere Tage der Völlerei hingibt, so heißt es. Wir Freiwilligen hier auf Zanzibar sind natürlich sehr gespannt auf diesen Sikuku (Feiertag) und freuen uns bereits auf unsere Erfahrungen mit diesem höchsten muslimischen Fest. Und besonders freuen wir uns auf Essen und Trinken, einmal während des Zuckerfestes und besonders auf Essen und Trinken auf der Straße und in unseren Gastfamilien, wann immer wir essen und trinken wollen, denn das ist während des Ramadans hier aufs Sansibars Straßen quasi verboten.
in den Gassen Stone Towns

Das zweite was Zanzibar und seine Hauptstadt Zanzibar Town und die berühmte Altstadt Stone Town zum brodeln zu bringen scheint sind die Parlamentswahlen für Gesamt-Tansania, Mainland und Zanzibar, zu Beginn des Oktobers. Die ehemalige einzige Partei Chama Cha Mapinduzi CCM (Partei der Revolution) und die seit den 90er Jahren zugelassene Civic United Front (CUF) haben sich stark rivalisierende Lager. Da ich die Geschichte Zanzibars und Tanganjikas sowie deren Parteien in einem späteren Blog genauer ausleuchten möchte soll hier nur ein Überblick zum Verständnis der Situation gegeben sein. Die CCM die schon immer also seit 1964 in Tansania die Regierung stellt genießt auf seiten der Bevölkerung großen (eher unverdienten) Respekt. Julius Nyere, Gründer und beeindruckender sozialistischer Visionär Tansanias, der hier liebevoll als Mwalimu (Lehrer) bezeichnet wird, bringt seiner Partei CCM viele Pluspunkte ein, auch wenn er , nun schon lange Tod, nicht mit reiner Weste ins Grab gestiegen ist. Des Weiteren wählen viele Tansanier, so heißt es, die CCM mit der Absicht den sozialen Frieden im Land aufrechtzuhalten, worauf Tansania sehr stolz ist, hat so gut wie jedes Nachbarland mit inneren bewaffneten Konflikten und Bürgerkriegen zu kämpfen, ist Tansania sehr stabil. Die CUF dagegen, mit einem eher muslimischen als christlichen Background, hat auf dem Festland kaum Chancen auf Regierungsbeteiligung da bei einem riesigen Land wie Tansania, entschieden die Mittel fehlen ländliche Regionen aber auch die Städte mit Wahlkampfkampagnen zu erschließen.
Ein Beispiel: Hieß es doch auf unseren diversen Vorbereitungsseminaren, dass die CUF auf Sansibar sehr stark sei, gehen die weißen Fahnen der CUF lächerlich im Meer der grün-goldenen CCM-Fahnen unter. Des Weitern prangen über den Vierteln Dar es Salaams und Zanzibar Towns enorm riesige Plakat-Wände mit riesen Plakaten von dem ehemaligen und natürlich ach zukünftigen Präsidenten Kikwete, die einen nicht um hin kommen lassen an überlebensgroße Stalin-Gemälde zu denken, wenn auch Kikwete schnurrbartloser ist und freundlicher zu seien scheint. Während der CUF definitiv an Profil und Idee fehlt, hat der große Präsident für die nächste Wahlperiode einen ehrgeizigen Plan. Der nichts Dümmeres beinhaltet als durch Tansanias Juwel, den Serengeti National Park eine Schnellstraße (quasi Autobahn) zu bauen. Sein Argument: Man wohle den vom Fortschritt (Maendeleo = beliebte Wahlkampfparole) abgeschnittenen Nord-Westen erschließen, die um den Nationalpark führende Umgehungsstraße sei dafür ungeeignet (und außerdem geht sie durch ein CUF-Wählerhochburg). Seine ehrgeizigen Pläne, die die Binnenmigration von Millionen von Tieren zerstören würde und wahrscheinlich auch das Sterben von Millionen von Tieren zu Folge hätte, haben so hohe Wählen geschlagen, dass die UNESCO mit der Entziehung des Weltkulturerbes der Serengeti gedroht hat. Außerdem ist die Serengeti eine der besten Einnahme- und Devisenquellen Tansanias. Doch den Kreis um Kikwete interessiert so etwas kaum. Also hoffen wir alle, dass auch dieses Wahlversprechen – wie üblich - noch weniger zählt als ein Wahlversprechen in Deutschland.
Zurück nach Zanzibar. Auf den zwei Inseln Unguja und Pemba sind Wahlen bis jetzt immer ein heikles Thema gewesen. Der Wahlkampf zwischen CCM und CUF wurde bisher immer, besonders in Zanzibar, mit allen Mitteln gefochten. Angefangen damit, das die CCM vom Festland Leute nach Zanzibar zum Wählen verschifft, über Bestechung (sowieso), Behinderung beim Wahlgang, Erpressung, Folter und wohl auch Mord. Bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der unterschiedlichen Parteien, kam es bisher immer wieder zu Überfällen die in blutigen Schlägereien endeten, sowie gezielten Morden. Gewonnen hat darauf immer die Chama Cha Mapinduzi.

Anhänger der CUF auf dem Weg zu einer Wahlkampfveranstaltung

Doch bei dieser Wahl scheint es bis jetzt doch ganz anders auszusehen. Die erwarteten, sonst immer mehrere Monate vor der Wahl beginnenden, Beat-Ups und Gewalttätigkeiten scheinen dieses Jahr auszubleiben. Befinden wir uns hier doch nur einen Monat vor der Wahl fällt einem frisch Eingereisten keine große Anspannung auf. Das liegt vor allem daran, dass sich CCM und CUF zu einem Novum in der hiesigen Geschichte entschieden haben und zwar, dass man egal wie die Wahl ausgehe sich entschließt eine Koalitionsregierung schließen möchte in der die stärkste Partei den Präsidenten stellt. Man hat damit, so scheint es, auch den fundamentaleren Mitgliedern der jeweiligen Parteien den Zündstoff für offene Konflikte genommen. Auch dieses Thema hat international Wellen geschlagen, so dass die Deutsche Bundesregierung sowie die Britische Regierung angeboten haben, wie man eine gute Koalition bildet, wobei es fraglich bleibt ob da die deutschen Regierungsparteien die besten Vorbilder sind.
Trotzallen guten Zeichen beherrschen Soldaten das Stadtbild, seien es große Militärlaster mit wachsamen MP-gerüsteten Soldaten auf der Ladefläche, einzelne Militärjeeps, oder einfach nur Polizisten die immer wieder in der Stadt auf Patrouille sind. Für mich Greenhorn ist es jedoch schwer zu erkennen [da ich Zanzibar nur so kenne wie es gerade ist] ob dies Normal-, Sonder- oder Ausnahmezustand für sansibarische Verhältnisse ist.
Die Zeit bleibt spannend. Doch bis jetzt ist noch nichts passiert, momentan ist hier wie oben sowieso noch Ramadan in dem der Friede und die Güte einen hohen Wert hat, hoffen wir das es so bleibt und sich die tansanische Bevölkerung für den „weniger schlechteren“ entscheidet .

Montag, 30. August 2010

Dar es Salaam

Nach einer Woche Dar es Salaam fällt es schwer einen Artikel über diese lärmende, lebendige und dreckige Stadt zu verfassen.
Vielleicht sollte ich einfach mit ein paar klassischen Fakten beginnen. Dar es Salaam, eine 3-5 Mio. Stadt (je nach Schätzung), ist der Regierungssitz Tansanias, wenn auch die offizielle Hauptstadt Dodoma im Landesinneren liegt. Dar ist eine sehr schnell wachsende Metropole die sehr mit der wachsenden Landflucht zu kämpfen hat. Ein Resultat bspw. ist, dass die wenigen großen Hauptstraßen in der Rush-Hour auf Kilometer verstopft sind. Auch die Wasserversorgung ist, um ein weiteres Problem anzusprechen, weit aus zu gering. Ein Beispiel: Wir „residieren“ momentan in der University of Dar es Salaam, einem weitläufigem Uni-Campus den man in rund 10 Minuten per Bus bei keinem Stau durchquert, einquartiert sind wir in der Fakultät WATERE, ironischerweise ist selbst hier kein Wasser aus der Leitung verfügbar, zwar sind Duschen, Waschbecken und Wasserhähne vorhanden, doch Wasserkanister müssen mühsam zu uns in den dritten Stock getragen werden damit wir uns mit durchgeschnittenen 5-Liter Mineralwasser-Kanistern Wasser über die Schultern kippen können - eine Art sich zu waschen an die man sich äußerst schnell gewöhnt hat.
Auf der anderen Seite hat Dar es Salaam in meinen Augen ein äußerst effektives Bus-System. Eine Busfahrt erfolgt hier per Daladala – einem holprigen Kleinbus, der mit diversen, bunten Sprüchen von „Jesus lives“ über „Bob Marley“ und „We support Arsenal“ bis zu „Allahu Akbar“ bepflastert ist. Das klingt vielleicht nicht nach effektiv, doch fahren Dalas in einem Abstand von max. 3 Minuten auf allen Strecken den ganzen Tag über. Zugegeben eine Dalafahrt ist nichts für Menschen mit Platzangst, da ein auf 16 Personen ausgelegter Dala meist mit 25 Menschen im wahren Sinn des Wortes vollgestopft wird, doch effektiv ist dieses System. Gewöhnt man sich erstmal an die Enge, die außerdem in deutschen Schulbussen um 7 Uhr morgens, der U-Bahn in Vancouver, London oder sonstwo genauso existiert, dann macht Dala fahren Spass, außer vielleicht man steckt einundhalb Stunden im Feierabend Stau und das auch noch mit nachbarlichen Ellbogen in den Rippen - aber hey das ist Dar es Salaam und außerdem wer will schon meckern bei einer Busfahrt die 200 Shillingi (ca. 10 Cent) kostet.
Ein weiterer Aspekt Dar es Salaams der einem sofort ins Auge springt sind Handys. Afrika ist außerdem einer, wenn nicht sogar der größte Handy-Markt der Welt. Wer sich ein Handy leisten kann hat eins, so meine ich in meinen ersten Tagen Tansania zu beurteilen.

Donnerstag, 19. August 2010

Crash-Course Dubai

Es ist nun also soweit: Ich sitze in Dubai am Flughafen und lade meinen PC an einer Notebook Ladestation auf – da sich mein Akku auf dem Hinflug von Frankfurt bei ausschweifendem Konsumieren von Filmen erschöpfte. Dubai? – Wird sich jetzt wahrscheinlich so mancher fragen? –Ja genau D-U-B-A-I ist meine Antwort und Nein ich bin nicht in Dubai um Entwicklungshilfe zu leisten – nur zum zwischenstoppen. Gestern, am Donnerstag den 19.07.2010 war der Stichtag. 15:25 von Frankfurt nach Dubai. Ankunft 6 Stunden und 10 Minuten später (zuzüglich einer leichten Verspätung) in Dubai (ca. 00:00 Ortszeit), der Stadt der Superlative und der Anmaßung, nicht mein Traum eines Ferienziels - aber beeindruckend.

Dubai –was soll man da schon groß sagen. Die bei mir vorherrschenden Stereotypen konnten sich in den letzten 7 Stunden eigentlich nur bestätigen – wenn ich Dubai auch nur bei Nacht besichtigen durfte: Hohe Wolkenkratzer, die ganz anders als in westlichen Downtowns einzeln und frei stehen, Männer in weißen Gewändern , Frauen in Burkas –auch wenn des Öfteren besonders lange Absätze unter der ein oder anderen Burka hervorlugte, 14 spurige Straßen und Metro-Stationen die alle gleich aussehen und natürlich die HITZE, die einen förmlich erschlägt, auch wenn wir nur nachts bei „laschen“ 36 °C ( und nicht um die 46°C wie tagsüber) ins Schwitzen kamen. Beeindruckend ist hierbei außerdem wie sich das Leben hier nahezu unter hermetischen Klimaanlagen-Käseglocken abzuspielen scheint, sei es im Supermarkt, im Taxi, im Flughafen oder auch an einer Bushaltestelle, deren Wartehäuschen mit Schiebetüren geschlossen und vollklimatisiert ist. Auch Hygiene und Ordnung scheint mir, so mein kurzer und sehr subjektiver Eindruck, einen immens wichtigeren Stellenwert einzunehmen. So schlafen Obdachlose, die vielleicht auch nur Wanderarbeiter ohne langfristige Bleibe sind auf Bänken und stellen zum schlafen alle ordentlich ihre Schuhe vor die Parkbank.

Jetzt bin ich müde. Da ich nun schon viel zu lange wach bin und eigentlich auch viel erlebt habe, obwohl mir das letzte Aufstehen aus meinem Bett so vorkommt als ob es erst 10 Minuten zurückliegt. Naja, noch gute 3 Stunden bis ich in der nächsten vollgestopften Emirates-Economy-Class auf Staatskosten (hier sei (ausnahmsweise) ein Dankschön erwähnt…) à la Hering in Konservendose leide – lässt sich nur hoffen, dass ich noch ein paar gute Filme im Bord-Programm finde – oder doch Kiswahili lernen? – Wohl eher nicht. Vielleicht sollte ich auch einfach schlafen damit ich den Kulturschock zwischen Dubai, dem Babylon der Moderne, und Dar es Salaam, der Stadt in Tansania, der ich noch keine Attribute beifügen kann, außer dass es um Welten ärmer ist, besser verkraften kann. Salaam alaikum.

Montag, 9. August 2010

Die Deutsch-Tansanische-Partnerschaft | eine Selbstdarstellung

Die Deutsch-Tansanische Partnerschaft wirkt in vielseitigen Projekten in den Bereichen Völkerverständigung, Klimaschutz und Bildung in Tansania mit.

Schwerpunkt unseres Engagements ist der Freiwilligendienst, über den wir seit Jahren sehr erfolgreich die genannten Bereiche verbinden. Dadurch bieten wir jungen Erwachsenen aus Deutschland die Möglichkeit, sich direkt und aktiv in tansanischen Einsatzstellen einzubringen. Dabei handelt es sich vornehmlich um tansanische Bildungseinrichtungen und Vereine, die ebenfalls das große Potential Erneuerbarer Energien sehen und deren Nutzung in Tansania fördern. Mit ihrer Arbeit unterstützen die Freiwilligen die dortigen Projekte, bringen neue Ideen ein und lernen auf der anderen Seite eine ganz neue Lebensrealität kennen, sammeln einmalige Erfahrungen und werden für zukünftiges Engagement motiviert. Nach ihrer Rückkehr nehmen sie eine Multiplikatoren-Rolle innerhalb unserer Gesellschaft ein und tragen dazu bei, das häufig realitätsferne Bild Afrikas in Deutschland zu verändern.
Klimaschutz ist in Tansania kein so allgegenwärtiges Thema wie bei uns. Dennoch sehen wir gerade darin riesiges Potential für die Zukunft des Landes. Erneuerbare Energien bieten in Tansania große Chancen, die wirtschaftliche und ländliche Entwicklung voran zu treiben und die Lebenssituation der Menschen vor Ort zu verbessern. Dabei können sie ökonomisch sinnvoll schon heute den unnötigen Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase verhindern. Daher ist es uns wichtig, Projekte in diese Richtung zu unterstützen und mit umzusetzen.
Bildung ist ein grundsätzlich entscheidendes Thema, wenn es um die Entwicklung einer Gesellschaft geht, ob hier oder in Afrika. Daher unterstützen wir mit Freiwilligenarbeit und Patenschaften direkt Personen und Bildungseinrichtungen in Tansania. Außerdem ist Bildung selbstverständlich auch zentraler Bestandteil all unserer anderen Projekte.
Als Grundlage für unsere Projekte dienen Studien, die wir in enger Zusammenarbeit mit tansanischen Studierenden, Dozenten der Universität Dar es Salaam und unseren Freiwilligen konzipieren und die vor Ort von diesen durchgeführt werden. Hier finden sie einige dieser Studien, die Grundlagen von aktuellen Projekten sind bzw. zukünftiger Projekte sein können