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Sonntag, 31. Oktober 2010

Zanzibar wählt - Tanzania wählt

Zanzibaris stehen im Regen an um ihre Stimme abzugeben
Es ist 5:30 morgens. Mein Wecker klingelt und ich verfluche mich leise für das was ich mir heute vorgenommen habe. Es ist der 31. November 2010 - Das sansibarische und tansanische Volk wählt einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament. Für mich ist das ein Grund um 5: 30 aufzustehen und meinen Chef Saidi zur Wahl zu begleiten eine Chance die ich mir nicht entgehen lassen darf, ich meine wann hat man schon mal die Chance eine "demokratische" Wahl in Afrika miterleben zu können.

Ich stehe also auf trinke Tee und warte bis Saidi mich zu Hause abholt. Um 6:30 nur 30 Minuten nach dem ausgemachten Zeitpunkt (unglaublich pünktlich) biegt Saidis Kleinbuss um die Ecke. Wie gewohnt tummeln sich auf den Rücksitzen Saidis Kinder - zumindest zwei Ali und Hariya . Saidi und seine Frau sitzen vorne. Nach einer schnellen Begrüßung - za asubuhi ? Nzuri! - za nyumbani? Nzuri! - geht die Fahrt auch schon weiter.

Saidi ist in Stone Town gemeldet, weshalb er auch dort wählt außerdem meint er, dass es in Fuoni (wo wir wohnen) zu viele Anhänger der CCM gibt und er möchte, dass seine Stimme für die oppositionelle CUF auch gewinnt - in Shangani, einem Stadtteil von Stone Town, scheint dies eher der Fall zu sein.

Der Wahlkampf der sich nun über einen Monat hingezogen hat, hat seine Spuren hinterlassen. Auf der gesamten Strecke von Fuoni nach Stone Town hängen Plakate, sind Banner und Wimpel über die Straße gespannt und wehen Fahnen im Wind. Mal sieht man weiß, rot, blau (CUF)  mal gelb, grün(CCM). Ali und Hariya freuen sich über jedes Plakat das Dr.Shein den Präsidentschaftskandidaten der CUF abbildet. Auf die Frage für welche Partei sie denn seien, hört man ein klares "CUF" und "Seifi". Worauf Bimkubwa , Saidis Frau lachen muss. Ob sie aus Stolz lacht oder weil sie es genauso absurd findet wie ich, dass Kinder im Alter von rund 5 Jahren sich für eine politische Partei aussprechen, kann ich nicht sagen.

Auf halbem Weg fängt es an zu regnen. Die Regenzeit beginnt und schwemmt den alten Staub von der Straße und lässt die Natur aufblühen. Ob die heutige Wahl die seit 1964 zeitweise als Einheitspartei regierende Chama Cha Mapinduzi (CCM) davonschwemmen wird und eine stärkere Demokratie in Tanzania und Zanzibar erblühen lassen wird ist noch nicht klar. In Zanzibar zumindest sieht es für die Civic United Front (CUF) nicht schlecht aus bereits bei den letzten demokratischen Wahlen siegte die CCM in Zanzibar (1 Millionen Einwohner) mit nur ein paar hundert Stimmen. Es könnte eine historische Wahl werden für Tanzania und Zanzibar, auch deshalb weil es so aussieht, dass diese Wahl großteils friedlich verlaufen wird, ein Novum in der Geschichte Zanzibars, so kam es doch bei den letzten Malen zu heftigen Konflikten zwischen den Anhängern der jeweiligen Parteien.

Auf dem Weg in die Stadt ist alles friedlich und wenn man nicht genau hinsieht, dann fällt einem auch kein großer Unterschied auf. Doch an der großen Kreuzung am Busbahnhof Darajani, stehen zwei Pick Ups der Polizei daneben stehen auch rund 20 Beamte unter einem kleinen Dach unter und schützen sich vor dem Regen, der immer gnadenloser auf das alte Stone Town herabprasselt. In Shangani angekommen steigen Saidi und seine Frau Bimkubwa aus und gehen in ihr Wahllokal.Ich passe auf Ali und Hariya auf. Rund Zehn Minuten später kommt Saidi zurück und bringt seine Kinder zu deren Großmutter Biwahida.

Bleiben also nur Saidi und ich übrig. Zeit für ein paar Fragen. Und wenn hast du gewählt? Mit gespielt tiefer und donnernder Stimme verkündet er einem Gott gleicht "CUUUUF!". Wr lachen. Was denn die Farbe an seinen Fingern soll frage ich weiter. Saidi erklärt mir, dass man mit dem kleinen Finger und dem Zeigefinger, wie ein Verbrecher, auf seiner Wahlkarte Fingerabdrücke hinterlassen muss. EIn einfaches aber effektives System so kann nämlich überprüft werden, wer schon gewählt hat und wer nicht. Außerdem erklärt er mir, dass man sich registrieren lassen muss um zu wählen und dann bekommt man eine ID-Card ausgehändigt, die auf den ersten Blick aussieht wie ein (neuer) deutscher Führerschein. Auf der Karte sieht mich Saidi ernst an, er trägt eine Kofia, die traditionelle sansibarische Kopfbedeckung. Er erklärt mir, dass die Karte nur zum Wählen ist und keine normaler Ausweis ist. Ich gebe die Karte zurück und meine, dass das doch ziemlich teuer und aufwendig ist einen Ausweis nur zum Wählen zu haben, doch er meint dass dies nicht der Fall sei. Ich zucke die Achseln.

An einer anderen Ecke Stone Towns picken wir Saidis Schwester und eine ältere Dame auf. Saidi fährt sie zu einem anderen Wahllokal. Im prasselnden Regen stehen hier mehrere Menschenschlangen vor rund 5 kleinen Zelten die mit mehreren orangenen Plastikplanen die Wahlurnen und Wahlbögen sowie die Wahlhelfer vor Regen schützen sollen. Doch niemand, so scheint es, hat daran gedacht vor den Zelten im Anstellbereich für Regenschutz zu sorgen. Im donnernden Regen reihen Wahlhelfer, in neongelben Westen gehüllt, die Wähler in ordentlichen Reihen auf. Ein bisschen wie Schlachtvieh stehen diese Schlangen im Regen, doch das sind sie nicht. Tansania und Zanzibar erfreut sich einer starken Wahlbeteiligung und auch der Regen scheint niemand davon abzuhalten seine Stimme abzugeben. Nach rund 20 Minuten Wartezeit kommt seine Schwester und die alte Dame wieder. Verzweifelt versucht die alte Dame ihre Finger mit einem Stück Taschentuch von der blauen Farbe zu befreien, nach ein paar Minuten gibt sie auf und erlaubt mir ein Foto zumachen.

Nachdem wir seine Schwester und die Dame abgeliefert haben erklärt mir Saidi, dass seine Schwester CCM wählt. Ich denke darauf, dass es ja wohl nicht so schlimm werden kann mit den Konflikten zwischen CCM und CUF, wenn es Leute wie Saidi gibt die Anhänger der anderen Partei zur Wahl fahren. Das finde ich demokratisch und beieindruckt mich. Saidi sagt des Weiteren, dass jeder CCM wählen kann wer will aber er niemals!!!

Als nächstes hält Saidi wieder in Shangani und meint zu mir, dass er jetzt beten gehe und dass ich im Auto warten soll. Während Saidi um die Ecke Richtung Moschee verschwindet lässt der Regen langsam nach und immer mehr Menschen pilgern Richtung Wahllokal. Bald darauf kommen sie zurück und versuchen sich verzweifelt die Finger zu reinigen. Ein Mann sieht besonders sauer über seine blauen Hände aus und schmeißt sein Taschentuch verärgert in eine der vielen Pfützen. Neben mir parkt ein Auto der EU-Wahlkommission die als Wahlbeobachter im Land sind und deren Jeeps in den letzten Tagen immer häufiger im Stadtbild aufgetaucht sind. Bald darauf fährt auch ein sauber-blitzender weißer Jeep mit den blauen Buchstaben UN auf den Türen an mir vorbei. Die über zwei Meter lange Antenne am Kühlergrill verleiht im etwas majestätisches und protziges. Ebenfalls nicht viel später höre ich ein tiefes Brummen eines Motors. Ich drehe mich um und ein besonders großer Militärlastwagen in Olivgrün fährt auf mich zu. Auf seiner Ladefläche sitzen Soldaten mit AK-47 im Anschlag. Ihre Roten Baretts scheinen sie nicht wirklich vor Regen zu schützen. Sie schauen grießgrämig drein.

Nach einer Stunde kommt Saidi wieder vom Beten zurück und wir fahren wieder zurück nach Fuoni.Auf dem Weg frage ich ihn ob die CCM den jetzt gewinnen wird, wo er doch so lange gebetet hat. Er sagt darauf "I hope so" und ergänzt, dass jetzt nur noch Gott helfen kann. Also hoffen wir, dass diese Wahle eine demokratische und friedliche Wahl bleibt. In rund 4 Tagen wissen wir das Ergebnis. Mal sehen was herauskommt.

Mittwoch, 13. Oktober 2010

Erster Video-Clip ist im Netz

An alle die schon mal eine kleine Frucht unserer Arbeit hier auf Zanzibar probieren wollen, können sich hier einen Werbe-Trailer von mir für unserer Ukili-Museum und eine Workshop-Tour in Pete (Südliches Zanzibar) anschauen:

http://www.youtube.com/watch?v=VtDc1ZOcDaU

Dies ist außerdem das erste Video einer nun entstehenden Reihe, die über unser Projekt berichten soll und von der wir uns mehr Unterstützung und mehr Clients erhoffen. Wenn alles klappt und uns der Stress nicht über die Ohren wächst (bis zur Saison an Weihnachten ist sehr viel geplannt), dann gibt es hoffentlich circa jeden Monat oder alle zwei Monate einen kleinen Film. In dieser Hoffnung: Alles Gute aus Zanzibar.

Dienstag, 5. Oktober 2010

Dala, Ochsenkarren, Roller und Co. - Der Verkehr Zanzibars

Auf der Straße herrscht das Recht des Stärkeren, so sollte wohl die erste Regel einer tansanischen Fahrschule lauten, wenn es denn solche überhaupt in der uns bekannten Form gibt. Zwar ist mir schon ein Toyota mit einem Zanzibar Police Driving School (oder so ähnlich) Schild auf dem Dach mit atemberaubender Langsamkeit an mir vorbeigeschlichen, doch denke ich, dass dies eher eine Fahrschule für Polizisten als für Zivilisten ist. Das zweite was man sich als Autofahrer in Tanzania/Zanzibar zu Herzen nehmen sollte ist, das hier Linksverkehr herrscht. Auch wenn das nicht immer ersichtlich ist. Die dritte Grundregel des hiesigen Verkehrs ist, das viel Platz auf dem Dach oder der Ladefläche ist. Die letzte ersichtliche Grundregel scheint zu sein Hupe, Hupe, Hupe.
Eine LKW auf dem Weg zu einer Wahlveranstaltung der CUF
 
Wir sind unterwegs mit dem Auto unseres Chefs, einem klapprigen Toyota Kleinbus mit 8 Sitzen zu unserer Arbeit nach dem ländlichen Pete. Hier sei erwähnt, dass es hier ein Monopol an Toyotas zu geben scheint, besonders beliebt sind Kleinbusse, die nötig sind um die großen Familien oder etwaige Touristen Zanzibars zu transportieren. Unsere Fahrt beginnt in Fuonis Viertel Maharibiko, hier steige ich ein, und wir fahren über holprige unbefestigte Straßen Richtung Hauptstraße. Hauptstraße ist im Grunde der falsche Ausdruck, da die Hauptstraße eine Hauptstraße ist, die ihren Namen im Grunde nicht verdient, da sie nicht die Haupt-Straße ist sondern die einzige befestigte Straße.

Hier tummeln sich alle möglichen Fahrzeuge die man sich nur vorstellen kann. In Fuoni fallen sofort die (Stadt-)Dalas auf , weiße Kleinbusse mit seitlicher Schiebetür die vom „Konda“ (Englisch: conductor ) sozusagen dem Schaffner geöffnet und meist auch wieder während der Fahrt geschlossen wird. Der Konda kassiert das Fahrgeld [250 TSH (ca. 12 Cent), Schüler: 100 TSH (5 Cent)] und lockt möglichst viel Kunden in sein Dala. Hier fällt mir noch eine kleine Anekdote ein: Als wir einmal mit Saidis Auto unterwegs waren, überholte ein Dala ein stehenden Dala und parkte sich ganz dreist vor ihn um dessen Kunden abzugreifen, worauf der Konda des ersten Dalas den Konda des zweiten verprügelte [Anm.: vielleicht haben sie sich auch wegen was anderem geprügelt, das nur meine Interpretation]. Am Ende Fuonis drehen die Stadt-Dalas die zwischen Stone Towns Busbahnhof Darajani und Fuoni hin und her pendeln, und fahren wieder zurück in die Stadt. Hinter diesem Turning Point also wartet das rurale Zanzibar.

Wir fahren weiter. Doch, stehen sogleich wieder, da am Ortsende Fuonis eine ständige Polizeikontrolle ist, die einen anhält und mit der man lächend zwei (mir unverständliche) Sätze wechselt und dann weiterfahren darf. Jetzt befinden wir uns auf dem Land. Palmen und große Bäume flankieren die Straße und bieten Schatten für kleine Lehm- oder Steinhütten-Siedlungen die sich eng an die Lebensader die Straße drängen, was da hinter im Busch liegt, kann ich bis jetzt nicht sagen. Hier auf der Teerstraße die natürlich keine Markierungen oder etwas ähnliches wie man aus Europa kennt, hat rasen alle so schnell sie können was meist 80 Km/h betrifft, doch auch schon mal 120 km/h sein kann und mir schon ziemlich viel Nerven abverlangt hat.

Hier trifft man, was den Öffentlichen Verkehr angeht nur noch die Überland-Dalas [1000 TSH- 1500 TSH (50-75 Cent)], die einem immer wieder ein Staunen abverlangen. Ein Überland-Dala hat ein Art „Käfig“ auf eine normale Kleinlastwagen-Ladefläche geschraubt, und hat auf je einer Seite zwei lange kleine Holzbänke zum sitzen/hocken. Normal passen hier bei relativ wenig Gequetsche, circa 20 Leute rein, wobei mein Rekord vom letzten Wochenende 31 + 8 Kinder ist, und das für zwei Stunden Fahrt nach Kizimkazi am Südzipfel Zanzibars. Was ihr jetzt vielleicht denkt ist, dass das doch voll gefährlich ist, und genau das scheint auch die Regierung gedacht zu haben, weshalb in einem Überland-Dala eigentlich alle sitzen müssen. Erwischt die Polizei, während einer ihrer vielen Kontrollen, einen Dala in dem Leute stehen (bzw. auf dem Boden knien, stehen geht nämlich gar nicht) dann muss gezahlt werden, ob dies jedoch eine reguläre Strafe ist, oder in der Hosentasche des Polizisten gemütlich zu ihm nach Hause wandert, sei dahin gestellt. Doch noch nicht genug vom „Dala des Todes“, hinten, überm Auspuff hat der Konda ein kleines Trittbrett auf dem er während der Fahrt steht und man 30 cm unter seinen Füßen den mit 80 km/h vorbeifliegenden Straßenbelag nur noch als graue Schliere erkennen kann. Auf dem Dach eines solchen Dalas sieht es aber noch lustiger aus. Hier wird alles transportiert, was man sich vorstellen kann. Beton-Bricks, riesige Holzbündel, Makuti (Palmwedel-Zeug zum Dachdecken), 3 000 Liter Politanks (Wasserspeicher) , Matratzen, Fahrräder, Säcke mit Kokosnüssen, Säcke mit Kartoffeln, Säcke mit Reis, Säcke mit Sand, Wasserflaschen, Pflanzenöl-Kanister und im Grunde alles was man sich nur vorstellen kann. Mir ist es ein Rätsel wie dort nichts herunterfällt, vor allem, da in den aller seltensten Fällen irgendetwas nur festgebunden wird. Besonders beeindruckend finde ich immer wieder, wenn einem ein Überland Dala schräg in der Kurve mit voller Geschwindigkeit entgegenkommt und mit einem zwei Meter Stapel an Feuerholz beladen ist – ein statisches Meisterwerk so scheint es.

Wir passieren die Universität Zanzibars und auf der gegenüberliegenden Seite das Weiße Haus (den so sieht es aus, nur klein) des Vizepremiers. Hier heißt es Vorsicht, denn es könnte ein Konvoi aus dem Sicherheits-Tor preschen, der sich mit mehreren laut heulenden Polizei-Jeeps am Anfang einer Limousine mit Staatsoberhäuptern und mindestens einem Militär-LKW am Ende gnadenlos den Weg durch Zanzibars Verkehrschaos bahnt. Auf dem Militärlaster stehen grimmige Soldaten mit Tarnkleidung und lächerlich großen Brillen gegen den Fahrtwind, die aus dem Zweiten-Weltkriegs-Inventar der britischen Royal Air Force zu stammen scheinen. Mit ihnen und ihren AK-47 ist nicht zu spaßen so heißt es das sie bei nur dem geringsten Zweifel sofort anfangen zu schießen. Sobald der sansibarische Verkehr der sich sonst doch durch nichts und niemand bändigen lässt und sich sonst chaotisch durch die Straßen schiebt den Hauch einer Sirene hört machen alle ob groß oder klein so schnell wie sie können, dass sie sich wie ein Spalier am Straßenrand aufreihen um der Regierung Platz zu machen.

Ich merke schon, ich schweife aus. Wir fahren also weiter und passieren etliche Kühe und Ziegen die gemütlich im Straßengraben weiden, wir überholen alle Altersklassen die auf indischen Ein-Gang-Fahrrädern schnell hinter und werden selbst von (neuen und sauberen) Toyota- Hotel-Kleinbussen überholt die ihre Hotelgäste, so scheint es, möglichst kurz mit der afrikanischen Realität rechts und links des Straßengrabens konfrontieren wollen um sie dann am nächsten weißen Strand abzuladen.

Nach der Kreuzung in Tunguu biegen wir nach rechts und nach Süden ab. Bald darauf fahren wir in eine wunderschöne Allee mit knorrigen Mango-Bäumen, die so heißt es von einer arabischen Prinzessin gepflanzt worden sein soll, ein Baum für einen Liebhaber. Bei von mir gezählten 365 Bäumen scheint diese Dame ein ganz erfülltes Leben gehabt zu haben. Im Schatten der Mango-Bäume (bin gespannt drauf wenn die Früchte reif sind und auf die Straße klatschen =D) lauert die nächste Polizeikontrolle. Die Straße ist mit 5 verbogenen, rostigen Ölfässern denen gnädiger weise jemand einen offizielleren schwarz-weißen Anstrich verpasst hat, versperrt. Wir halten, scherzen mit den Polizisten die Saidi schon zu kennen scheinen und man räumt die mittlere Tonne aus dem Weg und lässt uns passieren. Ein Polizist mit, nahezu obligatorischem Oberlippenbärtchen winkt uns auf seinem Roller sitzend nach.

Hier sei ein weiteres beliebtes Fortbewegungsmittel erwähnt: Der Roller. Klein schnell und gefährlich passt er wie die Faust aufs Auge in den sansibarischen Straßenverkehr. Durch die engen Gassen Stone Towns flitzen jene Roller mit lautem Hupen und 30 km/h (ohne Spaß!) durch die zwei Meter breiten Gassen, vor jeder Hausecke wird laut gehupt und dann ohne Rücksicht auf Verluste um die nicht einsehbare Ecke gerast. Meine Reise auf dem Roller meines Chefs durch die Innenstadt zu einem Geschäftspartner hat meine Nerven nahezu abkratzen lassen. Außerdem sitzen die Frauen in ihren Langen Schleiern, Burkas und Röcken im Damensitz hinter ihrem Mann der sich durch den Verkehr schlängelt.

Ich schweife ab. Schon wieder! Aber nur weil Saidi das Auto neben einem wackligen Holzstand der schrumpelige Tomaten und anderes Gemüse und Früchte anbietet gestoppt hat und aus dem Fenster heraus (Saidi steigt nie aus! Was wahrscheinlich seiner enormen Leibesfülle zu zuschreiben ist) einem Verkäufer seine Einkaufsliste fürs Mittagessen in Pete diktiert. Solche Stopps passieren außer dem pro Fahrt mindestens fünf Mal.

Wieder unterwegs begegnen wir besonders viel Kraftverkehr, da irgendwo südlich so scheint es ein neues Hotel gebaut werden soll. Große, bullige Lastwagen die so groß sind, das sie ganze Schiffscontainer transportieren können flößen einem Respekt ein, besonders wenn sie, wie so oft, ihr tiefe, ohrenbetäubende Trompete posaunen lassen, die wie ein Kriegsaufruf über all die Verkehrsgeräusche hinweg donnert und gleich für einen Korridor im dichten Straßengewimmel sorgt. Doch auf dem Land, wo wir uns ja gerade befinden, brauchen die Lastwägen nicht zu hupen, da ihre stampfenden Motoren schon lange bevor sie um die Kurve brausen, von ihrem Sturmangriff warnen. Die kleinen Lastwägen, die die Größe eines Ü-Dalas haben, sind, wenn die Ladefläche nicht mit Waren voll gestopft ist meist mit Menschen vollgestopft, die entweder eine Großfamilie sind und auf dem Weg zur nächsten Familienfeier sind oder laute Anhänger einer Partei die sich auf dem Weg zur nächsten Wahlveranstaltung befinden. Meist steht eine Person auf der Ladefläche mit seinen weitgespreizten Händen auf dem Führerhäuschen und blickt nach Vorne wie ein Matrose im Ausguck der den Horizont nach Neuland absucht.

Langsam erreichen wir nach rund einer halben Stunde Pete. Hier hat niemand ein Auto, dafür aber manche einen Ochsenkarren, die aus Holz bestehen und zwei Autoreifen an ihrem Unterboden befestigt haben. Meist steht der Fahrer auf der wippenden Karosserie des Wagens und treibt seine Rind mit kleinen Rutenschlägen auf höhere Geschwindigkeiten. Wie er da so steht und im Staub der Straße voranprescht erinnert er an Ben Hur und seine Kollegen die im Staub eines Hippodroms ein Wagenrennen veranstalten, nur das hier alle Fahrzeugklassen gegeneinander antreten. Fahrrad gegen Ochsenkarren, Roller gegen Moped, Auto gegen Hotelauto, Dala gegen Überland-Dala, Kleinlaster gegen Großlaster. Und die Polizei und die Regierungseskorten, wie es sich für eine Demokratie ziemt gegen alle!